Museum 4.0 - Panoramavorschau, © Stadt Ingelheim, André Madaus© Stadt Ingelheim, André Madaus

Bis in das Jahr 2021 verbleiben sie auf der anderen Rheinseite in der dortigen Sammlung. Im Ingelheimer Museum bei der Kaiserpfalz stehen stattdessen lange Zeit nur Kopien der „ältesten bekannten Ingelheimer“. Im Laufe der Jahrzehnte werden die Statuen mehrmals wissenschaftlich untersucht. Ferdinand Kutsch erkennt bereits 1930 ihre herausragende Qualität, als er sie mit Skulpturen von der römischen Gräberstraße im nahen Mainz-Weisenau vergleicht. Er stellt fest, dass die Ingelheimer Figuren „eine gewisse vornehme Haltung" aufweisen und ihre Köpfe „von innen heraus“ leben: „Hier pocht es unter der Haut und ist seelische Spannung im Gesicht, (es) lebt noch etwas Vergeistigung im griechischen Sinne, und das gerade hebt sie heraus.“ Die Archäologin Walburg Boppert schließt sich diesem Urteil 2005 an, als sie im Rahmen ihrer Untersuchung der Weisenauer Gräberstraße „die Ingelheimer Grabfiguren als die geglücktesten Werke“ bezeichnet. Auch hinsichtlich der Datierung ist sich die Fachwelt einig: die Statuen müssen zur Zeit des Kaisers Claudius, also etwa um 50 n. Chr., angefertigt worden sein. Vergleiche mit anderen Grabsteinen der Region aus dieser Zeit, etwa mit dem des Schiffers Blussus und seiner Frau Menimane, legen sogar nahe, dass die Ingelheimer Figuren in derselben Werkstatt gefertigt wurden (sog. Blussus-Annaius-Werkstatt).

 

In Ingelheim selbst standen die Grabfiguren lange Zeit im Schatten der Pfalz Karls des Großen. Durch die Rückkehr der Originale nach Ingelheim und ihre digitale Rekonstruktion als Teil eines bis zu 15 Meter hohen Monuments in seinem ursprünglichen Kontext können die antiken Kunstwerke nun wieder dort bewundert werden, wo sie schon vor rund 2000 Jahren so manchen Reisenden auf der römischen Fernstraße beeindruckt haben dürften.